Zivilcourage in Lichtenberg

Die Aktion Noteingang, Gedenkarbeit an Opfer rechter Gewalt, die Dokumentation extrem rechter und diskriminierender Vorfälle, Initiativen wie die Omas gegen Rechts: Zivilcourage in Lichtenberg hat viele Gesichter. Dies hat sich bei einem Spaziergang im Mai und Türgesprächen zur Bekanntmachung der Aktion Noteingang im Juni wieder einmal gezeigt.

Zivilcouragiert spaziert

Am Ende Mai fanden sich insgesamt 25 Menschen zum gemeinsamen Spaziergang durch Alt-Lichtenberg zusammen. Organisiert wurde der Spaziergang durch das Lichtenberger Register zusammen mit dem Stadtteilzentrum Lichtenberg Nord. Dabei wurden verschiedene Formen von Zivilcourage im Kiez und Bezirk vorgestellt. Hierzu erhielten die Teilnehmenden auch Beutel der Aktion Noteingang, gefüllt mit Materialien rund um das Thema.

Der Bezirksbürgermeister Michael Grunst hob während des Spaziergangs hervor, dass die Lichtenberger*innen unter anderem mit der Aktion Noteingang zeigten, dass sie Anfeindungen und Menschenfeindlichkeit in ihren Kiezen nicht tolerieren. „Je mehr Einrichtungen sich an der Aktion beteiligen, desto deutlicher setzen wir ein Signal gegen Menschenfeindlichkeit, Diskriminierung und Gewalt in Lichtenberg. Uns ist wichtig, dass im Fall von Diskriminierung und Gewalt im öffentlichen Raum die Betroffenen nicht allein gelassen werden.“, bekräftigte Sophia Sauber vom Stadtteilzentrum.
Von der Gedenkinitiative an Opfer rechter Gewalt in Lichtenberg sprach ein Vertreter über das Gedenken an Kurt Schneider, der 1999 durch Neonazis am Hoenerweg ermordet wurde. Die Initiative setzt sich für die Anbringung einer Gedenkplakette vor Ort ein: „Antifaschistische Gedenkarbeit macht die Schicksale von Menschen sichtbar, die durch extrem rechte Gewalt ums Leben gekommen sind. Oftmals wurden sie vergessen. Wenn die tödlichen Folgen rechter Ausgrenzungsvorstellungen auch alltäglich im Kiez präsent sind, kann verhindert werden, dass sich solche Taten wiederholen.“

Außerdem wurden verschiedene Möglichkeiten zum ehrenamtlichen Engagement vor dem Stadtteilzentrum Lichtenberg Nord vorgestellt. Auch die Omas gegen Rechts bewarben ihre Arbeit in der neu gegründeten Lichtenberger Ortsgruppe. In der Hagenstraße wurde vor dem Kieztreff Undine noch einmal genauer erläutert, wieso sich Einrichtungen dazu entscheiden, ein Noteingang zu werden, wie dies auch in die Nachbarschaft getragen und dort bekannt gemacht werden soll. Den Abschluss bildete ein kurzes Input zu alltäglicher Diskriminierung, die im Bezirk meist im öffentlichen Raum stattfinden und dem Register gemeldet werden. Am Bhf. Lichtenberg, einem Ort, an dem viele Vorfälle geschehen, endete auch der Spaziergang mit netten Gesprächen bei bestem Wetter. An allen Stationen brachten sich die Teilnehmenden mit viel Interesse und Fragen ein.

Türgespräche für mehr Noteingänge

Nicht weniger erfolgreich waren die Türgespräche für die Aktion Noteingang im Fennpfuhl Mitte Juni. Unterwegs waren diesmal Mitglieder aus der Noteingangs-Koordination. „Es gibt bereits viele Noteingänge in Lichtenberg. Nun kommt es darauf an, auch diejenigen zu erreichen, die noch nicht von der Aktion gehört haben“, so Sabrina Apicella, die die Aktion fachlich begleitet. Los gingen die Türgespräche am Anton-Saefkow-Platz, über den Fennpfuhlpark bis zum Roederplatz. So wurden viele Gewerbetreibende erreicht, Informationsmaterial und Aufkleber in Restaurants, Blumenläden oder Friseur*innen-Salons verteilt. Tina Messerschmidt von der Stadtteilkoordination Fennpfuhl berichtet, dass einige direkt mitmachten: „Neben der Anton-Saefkow-Bibliothek wurde nun auch die Anton-Saefkow-Apotheke, ein Blumengeschäft neben der Bibliothek und die Parkläufer zum Mitmachen motiviert. Mit dem Aufkleber an der Tür zeigen Sie nun ganz offiziell, dass sie Menschen in bedrohlichen Situationen in ihren Räumlichkeiten einen Schutzraum bieten.“  Für einige ist die Teilnahme an der Aktion auch eine Ergebnis ihres bisherigen Engagement im Kiez: „In den Gesprächen mit den Betreiber*innen konnten wir erfahren, dass sie sich auch im Vorfeld schon dafür engagierten Menschen in Notsituationen zu unterstützen und Raum und Hilfe gaben.“

Prominente Begleitung waren Bezirksbürger*innenmeister Michael Grunst, die Bundestagsabgeordnete Dr. Gesine Lötzsch und die Schriftstellerin Patricia Holland Moritz, die ebenfalls Informationsmaterial verteilten. „Der Mai begann in Lichtenberg mit der verschwörungsideologischen und corona-leugnerischen Mobilisierung vor dem Lichtenberger Rathaus und endete am 31. Mai am selben Ort zivilcouragiert“, freute sich Sabrina Apicella vom Lichtenberger Register.

24.06.2021. Dieser Bericht wird in gekürzter Fassung in der kommenden Rathausnachrichten erscheinen. Für das Bild danken wir Gesine Lötzsch.