Unerhörte Perspektiven der Wendezeit in Lichtenberg und Hohenschönhausen

Wer sich heute über den Berliner Bezirk Lichtenberg erkundigt wird von 300.000 Einwohner*innen aus über 80 Nationen und Familienfreundlichkeit lesen, von Plattenbau und Altbauten erfahren. 

Der Bezirk Lichtenberg, seit 2001 gehört auch Hohenschönhausen dazu, hatte jedoch nicht immer dieses selbstgewählte positive Bild.


Insbesondere in den Wendejahren und über die gesamten 1990er Jahre hinweg war Lichtenberg als Hochburg von rechten und extrem rechten Parteien bekannt. In sogenannten „No-Go-Areas“ verbreiteten Neonazis Hass und Gewalt. Menschen, die nicht „deutsch“ aussahen mieden Lichtenberg oder wenn sie hier leben mussten versuchten sie möglichst unerkannt durch die Straßen zu gehen. Der Weitlingkiez gleich am Bahnhof galt lange Zeit als Zentrum der extremen Rechten in Ostberlin. In den Statistiken zu rechter Gewalt befand sich Lichtenberg stets weit vorne.

Doch dem Hass und der Hetze der Neonazis stellten sich bereits zu DDR-Zeiten zivilgesellschaftliche, migrantische und jüdische Personen und Gruppen und antifaschistische Initiativen entgegen. Sie veranstalteten Demonstrationen, luden die Anwohner*innen zu Stadtteilfesten ein und begleiteten von Rassismus und Antisemitismus Betroffene sicher nach Hause. Sie sorgten dafür, dass sich Lichtenberg in den 2000er Jahren wandelte und Neonazis zurückgedrängt wurden.

Bisher gibt es keine systematische Sammlung von Informationen über diese Zeit. Deswegen findet derzeit eine Recherche statt, in der rechte Gewalt und verschiedene Formen der Gegenwehr zusammengetragen und aufgearbeitet werden. Diese legt den Fokus auf die Geschichte Lichtenbergs und Hohenschönhausen in den Wendejahren 1985 bis 1995. Dabei betrachtet sie zwei Seiten eingehender: (extrem) rechte Gewalt und zivilgesellschaftlichem, jüdischem und migrantischem Engagements gegen Rechts.

Die Ergebnisse der Recherchen werden bei der Jahresabschlusssitzung des Runden Tisches vorgestellt. So entstehenden zurzeit zwei Dossiers mit historischen Quellen, Ereignissen und Zeitzeug*innen. Sie dienen als Grundlage für ein im nächsten Jahr geplantes Fachforum. Thema wird die Geschichte des Bezirkes Lichtenberg in den Wendejahren 1985-1995 sein, mit Fokus auf rechte Gewalt und verschiedene Formen der Gegenwehr.

Wer wichtige Hinweise auf Quellen, Dokumente oder Zeitzeug*innen hat, kann sich gerne über sabrina_apicella [ät] licht-blicke.org melden.